Werner Nekes |

Laudatio auf Werner Nekes und Dore O. von Hilmar Hoffmann

anläßlich der Verleihung des “Ruhrpreises für Kunst und Wissenschaft der Stadt Mülheim/Ruhr” an Werner Nekes und Dore 0. Der nachfolgende Text wurde veröffentlicht in “epd Kirche und Fi1m” Nr. 6 vom Juni 1975

I.
Wenn es für bundesrepublikanische Verhältnisse schon als ziemlich erstaunlich gelten muß, daß eine Gemeinde den Träger ihres jährlichen Kulturpreises in einem künstlerischen Bereich suchte, der, wie das Medium Film, kulturpolitisch total unterversorgt ist, so ist das Ergebnis noch ungewöhnlicher, wenn unter den Filmemachern zwei solche geehrt werden, deren Produkte weder zu der von den Feuilletons bestätigten Kunst zählen noch zu den von der Branche favorisierten Markenartikeln. Auch weil die beiden Macher selbst wohl kaum zu den Repräsentationsfiguren des herrschenden Kulturbetriebes zu rechnen sind, zeichnet sich die Stadt Mülheim an der Ruhr unter den übrigen Kunstpreise stiftenden Kommunen dadurch aus, daß sie den Mut hatte, Werner Nekes und Dore 0. auszuzeichnen, zwei Namen also, die von einer Stadt nicht selbstverständlich publizistisch honoriert werden dürften. Die Kosten des Kunstpreises (10000 Mark) werden sich diesmal als rentierliche Amortisation kaum unter Werbung abbuchen lassen. Aber die Kollegen vom Mülheimer Rechnungsprüfungsausschuß brauchen keineswegs zu verzweifeln: Die Investition hat sich dennoch gelohnt.

Was sich für den Nichtkenner heute noch als ein Risikofaktor darstellen mag, wertet der Kenner der Filmszene als Konsequenz einer längst fälligen Alternative zu dem, was landläufig so unter Filmkunst gehandelt wird.
Angesichts ihres inzwischen umfänglichen Oeuvres werden Werner Nekes und seine Lebens- und Arbeitsgefährtin Dore 0. zwar keine Geheimtips mehr genannt werden dürfen, zumal seit die unabhängigen Filmfestivals in aller Welt ihre inzwischen etwa 40 Filme vollzählig vorgestellt haben. Die Filme von Nekes und Dore 0. sind indessen bis auf den heutigen Tag solche für bewußte Liebhaber geblieben, in der Bildenden Kunst Zero- oder concept-art-Künstlern vergleichbar, ohne daß mit Inhalt und Form der Fetisch der breiten Resonanz bisher zu bedienen gewesen wäre. Indem die Stadt Mülheim, statt risikofrei den Erfolg zu programmieren und zweifelhaften Starglanz auf sich selbst zu strahlen, sich für eine weitgehend noch unbekannte alternative Qualität entschied, indem sie also mit der Wahl von Nekes und Dore 0. bewußt auf publicity verzichtete, hat sie für beider Publizität und damit für diejenige des sogenannten Anderen Kinos kulturpolitisch entschieden viel mehr geleistet als etwa die Academy of Motion Picture Arts and Science mit ihren Oscars für die Stars.

II.
a) Dore 0. wurde 1946 in Mülheim/Ruhr geboren und hier besuchte sie die Schule. Nach dem Studium an einer Fachhochschule arbeitet sie als Malerin und zusammen mit Werner Nekes stellt sie in Mülheim und Düsseldorf aus. Mit Nekes zusammen machte sie auch ihren ersten Film “jüm-jüm”, für den beide den Bundesfilmpreis 1968 bekamen. Einen ersten Preis erhielt Dore 0. 1974 auf dem bedeutendsten Experimentalfilmfestival in Knokke. Für das Script zu “Kaldalon” erhielt sie eine Drehbuchprämie. Einen ihrer schönsten Filme, “Alaska” 1968, eine visualisierte Reise ins Unterbewußtsein, nennt Dore 0. selbst einen Emigrationsfilm, “eine Konsequenz aus dem Akt mit der Gesellschaft”. Die sechs Filme von Dore 0. befinden sich heute wie selbstverständlich in den Kinematheken von Paris, Brüssel, Wien, London, New York und Chicago. Hier wurden auch die wichtigsten der über 30 Filme von Werner Nekes in die Regale geordnet, die zur Filmgeschichte führen.

b) Werner Nekes wurde 1944 in Erfurt geboren. Seine Eltern übersiedelten aus Thüringen bald nach Duisburg-Hamborn, wo ihr Sohn fünfjährig sein erstes Filmerlebnis bekam: Die deutsche Filmkomödie “Schwarz-Weiß”, der er sich aber noch vollkommen hilflos ausgesetzt sah, da er die Bildwechsel noch nicht in einen Sinnzusammenhang ordnen konnte. (Filmischer Bildwechsel und Montage sind dann später Nekes’ wesentliche Gestaltungselemente geworden). Zwischen seinem 6. und 11. Lebensjahr sah er vor allem Abenteuerfilme wie “Zorro” oder “Tarzan”, aber wirklich aufgeregt hat ihn Hitchcocks Thriller “Der Mann, der zuviel wußte”. In einem Nonstopkino begann er durch wiederholtes Ansehen einunddesselben Filmes sich mit dessen Machart auseinanderzusetzen, und mit dreizehn wurde Nekes der jüngste Dauerzuschauer der Oberhausener Kurzfilmtage. “Mein Kinoweltbild begann sich dadurch zu verändern. Seitdem gemindertes Vergnügen bei den zwei Teilen der “Sissi”-Filme.“ (Nekes über Nekes). Inzwischen Gymnasiast in Mülheim, regt ihn die Lektüre von Lautréamont, Michaux, Panizza zu eigenen Schreibversuchen an; dort führen Buñuel-Filme wie “Los Olvidados” oder “Viridiana” sein Interesse zu dem Medium Film zurück, das nach dem Beitritt zum Filmclub an der Uni Bonn, wo Nekes nun Psychologie studiert, außer den Klassikern des Films hauptsächlich so unorthodoxen Filmmachern gilt wie Kenneth Anger, Straub, Nestler, Kren, Leonardi. Bevor Nekes seine eigenen Filme zu machen beginnt, hat er, angeregt durch Freundschaften mit dem Bildhauer Tom Doyle und den Malerinnen Eva Hesse und Dore 0., Materialbilder und Objekte hergestellt, die zusammen mit denen von Dore 0. in Düsseldorf eine Vernissage bekamen und in Mülheim einen handfesten Skandal.

Ähnlich wie die Regisseure der Nouvelle Vague oder des Free Cinema, die, anstatt eine Filmhochschule zu besuchen, ein entsprechendes Rüstzeug in der Cinémathèque Française oder im British Film-Institute durch Studium der Filmklassiker und analoge Strukturanalysen sowie ein gründliches Studium der relevanten Filmtheoretiker erworben hatten, fundierte Werner Nekes mit Studien am Objekt Film seine filmtheoretischen Konzepte; Nekes wurde offensichtlich auch von Stan Brakhage und Jonas Mekas und der OffHollywood-Bewegung des New American Cinema beeinflußt. Ein Impetus unter anderen, der Nekes zum Filmmachen bewogen hat, ist aus einem biografischen Satz abzulesen: “Meine Filme sind als Reaktion auf Filme zu verstehen, die mich unbefriedigt lassen mußten.”
Seine ersten fünf Filme hat Werner Nekes 1966/67 in der Stadt gedreht, die ihm heute ihren Kulturpreis verleiht, in Mülheim-Ruhr: “Fehlstart”, “Start”, “Artikel”, “Bogen” und “Put-Putt”. Die Tatsache, daß sein Zehn-Minuten-Film “Start” bei einer Vorführung in der Bonner Universität derartige Aggressionen auslöste, daß Stühle demoliert wurden und man Nekes verprügeln wollte, ist nicht nur ein äußeres Indiz für die Kompromißlosigkeit, mit der schon die ersten Nekes-Filme gegen etablierte Seh- und Hörgewohnheiten formuliert wurden; sie verweist vielmehr darauf, daß seine Filme darüber hinaus noch etwas sehr Entscheidendes bewirken konnten, daß nämlich nun über die Strukturen jener anderen Filme nachgedacht wurde, die etwa Uni-Filmclubs mit dem Siegel Filmkunst als eben solche beglaubigten.

III.
Nekes und Dore 0. haben die Diskussionen über Formkriterien und die Erneuerung der Filmsprache durch konkrete Gegenangebote nicht nur hierzulande herausgefordert, sondern auch dort, wo sich die Börsen der Filmkunst und die Mekkas der Cinéasten kaum widersprochen als die Instanzen behaupten, die Film-Entwicklungen registrieren und beeinflussen. So hatten Filme von Nekes und Dore 0., die beide seit 1967 zusammenleben und arbeiten, zunächst erst recht überall dort immense Schwierigkeiten, wo sie, gemessen an den übrigen, ihre eigene Position als die einer Avantgarde empfinden mußten, also dort, wo wie in Oberhausen oder Mannheim Festivals ein internationales Fachpublikum versammelten. Der Schwierigkeit, je ins Wettbewerbsprogramm zu kommen, folgte die andere, ihren Filmen eine ungestörte Rezeption zu sichern. Aber noch diejenigen unter den Cinéasten, die dem avancierten Subjektivismus von Nekes- und Dore 0.-Filmen nicht folgen mochten, vielleicht weil in ihnen – gemessen an literarischen Kategorien – keine als solche observierbaren Geschichten erzählt wurden, Geschichten zum Wiedererzählen, können deren objektiven Wert für das radikale Infragestellen der traditionellen Kinoformen nicht leugnen. Auch mit allen folgenden Filmen bis hin zu den abendfüllenden “Kelek” (1968) “T-WO-MEN” (1972) oder “Diwan” (1973) beschreibt sich das Ziel, über die Veränderung des Mediums zugleich “das Denken der Rezipienten” zu verändern. Aber dieses Ziel der Sensibilisierung des immunisierten Zuschauers und der Ausbildung eines differenzierten Abstraktionsvermögens soll letztlich auch dazu taugen, die eigenen Filme zu vermitteln, sie kommunikabel zu machen, Zugang zu ihrer eigentümlichen visuellen Sprache auch demjenigen zu erschließen, dessen Wahrnehmungskapazitäten auf die Spannungsfaktoren von action-Film geeicht oder auf die gängigen literarischen Muster eingeübt wurden. Nekes will nicht den gefilmten Gegenstand mitteilen, “sondern die in der Filmsprache begründete Möglichkeit der Abbildung eines Gegenstandes” (Nekes).

IV.
Die Bedeutung von Werner Nekes und Dore 0. für die Entwicklung des Films über seine Standards hinaus begründet sich in ihrem aktiven Mißtrauen einer Szene gegenüber, die Nekes in ihrer formalen Präsentation als “tödlichen Akademismus” kritisiert und in ihrer inhaltlichen als “Reproduktion des soeben Geschauten”. Das heißt: Dem “normalen” Kinokonsumenten wurden dessen in vielen Kinojahren eingedrillte Sehweisen auf die Reproduktion dessen fixiert, was durch die Vermittlungsmechanismen des Mediums jeweils als “soeben geschaute” Wirklichkeit empfunden werden konnte. Mit ziemlich jedem neuen Filmwerk werden die traditionellen Sehweisen bestätigt. Erst die künstlerische Überhöhung von abgebildeter Wirklichkeit durch den artistischen Fundus großer Regisseure hat die massenhafte “Reproduktion des Niedrigen” (Adorno) zur normativen Perspektive legitimiert, aus der Film formal und inhaltlich rezipiert zu werden pflegt. Die so ein für allemal justierten visuellen Erwartungshaltungen gegenüber dem Medium werden durch Dauerberieselung tagtäglich in den Stereotypen der Fernsehfilme prägend bedient, welche die so erzeugten Bildbedürfnisse der doch nach vielen Millionen zählenden Augenwesen dementsprechend befriedigt.

V.
Nekes begnügt sich nun nicht mit einer Analyse dessen, was er “vorhandene Orientierungssysteme” nennt. Vielmehr dient ihm Strukturanalyse dazu, der seit Jahrzehnten in Gebrauch befindlichen eine alternative Filmgrammatik entgegenzusetzen, zunächst einmal für seine eigene Verwendung. Da Nekes und auch Dore 0., deren beider Spuren in fast allen ihren Filmen gespürt werden können, ihre radikal subjektive Weltschau in eine dieser gemäße visuelle Sprache übersetzen wollen, möchte ich bezweifeln, ob ihre Grammatik adaptierbar ist für andere Filmmacher. Eine so absolut formulierte Ästhetik als Vermittlungsmedium für subjektive Bewußtseinsinhalte ist spezifisch an den gebunden, dessen Sein solches Bewußtsein bestimmt. Die zeitlich und räumlich zumeist nicht bestimmbaren Abbilder von Wirklichkeit verfremden Nekes und Dore 0. zu Traumwelt, die aber gerade aus solchen Dimensionen Assoziationen zur Wirklichkeit des Zuschauers befördert oder ihn zur Identität einlädt. Diese Dimension stellt sich allerdings erst her in der Phantasie des Betrachters. Die technischen und optischen Mittel zur strukturellen Erweiterung der Bildersprache als Möglichkeit der Bewußtseinserweiterung hat Nekes zumeist selbst entwickelt oder weiterentwickelt. Aber die mobilisierten kameratechnischen und labortechnischen Kapazitäten verselbständigen sich niemals, sie sind nur die Dienstleistungen für visuelle Phantasie. Filmisches Material wird zu einer Art optischer Polyphonie organisiert, deren Angebot das ästhetische Empfinden reizen, die Assoziationskraft schärfen und die Gefühle des Betrachters aktivieren soll.

VI.
Da in den Filmen der Preisträger die technischen Formulierungshilfen für optische Sprache nicht nur für den Laien kaum je erkennbar sind, sie aber die Struktur der Filme entscheidend prägen, sollen einige solche genannt werden, deren Summe beiträgt zu dem, was Nekes Poly-Visualität genannt hat:
Doppel- und Mehrfachbelichtungen, Belichtungen bis zu 30 sec (also das Tausendfache des üblichen), Bildüberlagerungen, verminderte oder überhöhte Aufnahmegeschwindigkeit, extrem lange Einstellungen, perspektivisch versetzte Aufnahmewinkel, Negativbilder, Viragieren des Filmmaterials (um unnatürliche Farben zu erzeugen) Farbwerte werden je nach Temperaturen diese ausgleichend verändert, Einzelbildschaltung (wie in “Spacecut” mit 50000 Einzelbildern) usw.
“Nicht erzählbare Inhalte, sondern Aufnahme- und Schnittverfahren, die Behandlung der Farben und der Musik, Kamera und Projektionstechniken sind die (eigentlichen) Themen der Filme von Werner Nekes.” (Wolf Donner, DIE ZEIT, 23.3.73)

VII.
Auf dem Filmfestival in Knokke 1967 erwiesen sich die dort gezeigten drei Nekesfilme im Kontext eines internationalen Experimentalfilmprogramms zumindest all denjenigen als sogar neue Qualität und somit als herausragend, die außer dem impliziten Anspruch, Kino zu revolutionieren, auch jene originäre Mittel zu erkennen imstande waren, die solchem Ziel dienen. Was sich in den Nekesfilmen als Charme der Improvisation und als lyrisches Fluidum vermittelt, wurde in Wahrheit auf einer Fugen-Partitur vorprogrammiert. Das Strukturschema ist in der Mehrzahl seiner Filme aus Reihungen von Primzahlen organisiert, also aufgebaut auf genau kalkulierten Bewegungseinheiten. Die wesentlichen Elemente dieses streng mathematischen Organisationsprinzips kennzeichnet Nekes mit dem Begriff “Kine”.
Ein Kine ist nach Nekes, der von 1969-72 Professor für Filmtheorie an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg war,” ‘das dritte Bild’ das Bild, das durch den Zusammenprall zweier Einzelbilder auf der Leinwand im Kopf des Zuschauers entsteht. Denn jede Entwicklung der Sprache des Films läßt sich auf die möglichen Differenzen zwischen zwei Filmkadern zurückführen. Nur über neue Strukturen der zeitlichen und örtlichen Differenzen innerhalb der Kinegruppen wird sich die visuelle Grammatik erweitern lassen. Zur Bewegungstäuschung kommen Gestaltwandel und Gestaltverschmelzung. Möglich wird Film, der sich vom Auge zum Gehirn einen neuen Weg suchen muß, eine andere vielleicht schnellere Projektionsbahn, denn das Auge ist die Kamera und gleichzeitig der in das Gehirn gerichtete Projektor . . .” (Aus: Documenta-Katalog ‘72).
Nekes-Filme sind indessen nicht nur Augenfilme. Sie sind audiovisuelle Synthese. Das bedeutet, daß auch die akustische Struktur eine neue Qualität bekam. Sie ist in ihrem Rhythmus dem optischen kongruent und lädt die Bilderfolgen mit Spannung auf. Auch für die sound-Strukturen erprobte und fand Nekes neue Materialien. In den akustischen Partituren verfransen sich Musik, Musikfetzen, Originalgeräusche, Sprachpartikel oder synthetische Laute zu Collagen, die erst in den bewegten Bildern ihre Sinnfälligkeit erschließen oder ihre bloß sinnliche Entsprechung haben. Da Dialoge in Nekes-Filmen keine filmüblichen sind, wird gern von der Sprachlosigkeit seiner Filme gesprochen. Aber wie die Sprache des absurden Theaters statt einer erklärenden eine entlarvende Funktion hat, haben auch die kompilierten Geräusche außer einer stimulierenden vor allem eine pointierte Funktion, oftmals Hinweischarakter oder aber den Bedeutungswert von Signalen für etwas, das sich außerhalb des Bildes befindet.

VIII.
Die Filme der Dore 0. folgen nicht den konsequent metrisch oder geometrisch organisierten Kompositionsmustern der Nekes-Filme. Die Syntax ihrer Filme ist mehr vom Gefühl diktiert als vom Intellekt, jedenfalls vermitteln ihre Filme diese Wirkung der unbefangenen, spontanen Entäußerung eher privater Erfahrungen. Wenn man so will, sind Dore 0.-Filme sehr persönliche Filme, jedoch nicht zu verwechseln mit narzißtischem Selbstverliebtsein in Erinnerungen oder Träume. Dore 0.-Filme gewinnen auf ganz unprätentiöse Art ihre sinnliche Dimension, die sich weniger durch physisch konkrete Objekte herstellt als durch die Qualität höchst sensitiver Wahrnehmung optischer Eindrücke und deren filmischer Umsetzung, in der sich das Bewußtsein der Autorin bewußt spiegelt. Dore 0. bevorzugt die langen Kameraeinstellungen und lädt den Blick zum Verweilen ein. Damit schärft sie das Auge des Betrachters für ein neues Sehen, indem sie ihm genügend Zeit läßt, genauer hinzusehen, um schließlich sensibler erkennen zu können, was sich dem routinierten Blick verweigert, was aber lohnen würde, neu entdeckt zu werden.
Dore 0.-Filme sind wie die von Werner Nekes keine für die Verwertung durch die Bewußtseinsindustrie, die die einmal erzeugten Bedürfnisse mit entsprechendem Material zu ihrer Selbsterhaltung weiterbedienen wird. Dore 0.- und Nekes-Filme sind darum desto wichtiger, weil das traditionelle Kino und die mit ihm transportierten gesellschaftlichen Klischees nur durch Alternativen gesprengt werden können, mit deren Qualität sich überzeugend argumentieren läßt. Indem die Stadt Mülheim zwei Filmemacher auszeichnet, die einen Beitrag zu dem leisten, was Alexander Kluge und Oskar Negt die “Phantasietätigkeit als Produktionsform authentischer Erfahrung” genannt haben, hat ihre Entscheidung die Qualität einer gesellschaftspolitischen Manifestation.

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