Panorama

[gr.: pan = In Zusammensetzungen auftretendes Bestimmungswort mit der Bedeutung all, ganz, gesamt; horama = das Gesehene]
Panoramabild, das einen vollständigen 360°-Rundumblick darstellt und in einem eigens dafür konstruierten Gebäude gleichen Namens ausgestellt wird.
Erst das Gemälde und das Gebäude zusammen, samt der ganzen Maschinerie von Täuschungen und Tricks, von Lichtkalkül und Staffagen, machen das Panorama aus, das gegen Eintrittsgeld betrachtet werden kann. Der Eintretende wird in einen dunklen Gang geführt, wo er warten muß, bis sich seine Augen auf das Dämmerlicht eingestellt und sich der äußeren Realität entwöhnt haben. Dann steigt man die Treppe zu einer Aussichtsplattform in der Mitte des Raumes hoch, von wo aus man sich das Panorama anschaut. Ringsum sieht man die naturgetreu gemalte Landschaft oder Szene, die von einem indirekten Deckenlicht atmosphärisch erleuchtet ist. Die Perspektive des Gemäldes ist genau auf diesen Standpunkt des Betrachtenden hin berechnet. Eine Brüstung hindert den Besucher, sich von diesem Gesichtspunkt zu entfernen, denn sonst könnte er die Verzerrung der Darstellung wahrnehmen. Auch bleibt dem Beschauer der Übergang vom dreidimensionalen Raum zur zweidimensionalen Malerei, der gekonnt mit Staffagerequisiten gefüllt ist, verborgen. Als Schöpfer dieses Mediums werden der deutsche Maler Johann Adam Breysig (1766-1831) und der irische Maler Robert Barker (1739-1806) genannt. Ersterer hatte zuvor die Konzeption entwickelt, doch Barker setzte sie zuerst in die Tat um. Er errichtete 1788 das erste Halbrund-Panorama in Holyrood, das er schließlich zu einem kompletten Bildkreis ergänzte. Ein 360°-Rundblick über London vom Dach der Albion Mills brachte Barker 1792 den ersehnten Durchbruch beim Publikum. Von London aus breitete sich das oft als &Mac226;erstes optisches Massenmedium im strengsten Sinne‘ bezeichnete Panorama über ganz Europa aus. 1799 wurde die erste Rotunde in Paris, 1800 in Berlin, 1803 in Hamburg eröffnet. Für jedes Teilelement des Panoramas – Gemälde, Architektur und Bildinhalt – lassen sich kunsthistorische Vorläufer aufspüren wie Bühnenmalerei, Pantheon und Veduten. Das Panorama ist zugleich das Resultat einer Entwicklung, die dem Wunsch nach Horizonterweiterung entsprach. Auch scheint es kein Zufall zu sein, daß es nur wenige Jahre nach den ersten Ballonfahrten, die ja als Bestreben galten, sich der Wirklichkeit von einem anderen Standpunkt aus zu versichern, entwickelt wurde.

Pantograph

[gr.: pan = alles umfassend; gráphein = schreiben, zeichnen].
Allesschreiber. Auch *Storchschnabel genannt. Instrument zum Übertragen von Zeichnungen im gleichen, größeren oder kleineren Maßstab oder auch zur verzerrten Übertragung von Zeichnungen in *Anamorphosen.
Heute wird der Panthograph als Gerät zur Vergrößerung und Verkleinerung von Kopien verstanden, ursprünglich ist er jedoch als Teil einer Perspektivmaschine bekannt geworden. Er ermöglichte nicht nur das punktweise Abmalen der Umgebung bzw. die Abbildung beliebiger Gegenstände, sondern auch die Projektion von Bildern Punkt für Punkt auf gekrümmte Flächen. In beiden Fällen war neben dem Maler ein Helfer notwendig. Christophorus Scheiner (1573-1650) veröffentlichte 1631 in Rom ein Buch mit dem Titel Ars nova delineandi über den Pantographen (mit Visiereinrichtung), nachdem er diesen 1603 erfunden hatte. Der Pantograph besteht aus einem mechanisch-beweglichen Stangen-Parallelogramm. Um einen Gegenstand abzubilden, konnte jeder beliebige Blickwinkel eingenommen werden. Der Maler hatte das Zeichenpapier oder die Leinwand direkt vor sich, der Maßstab der Abbildung ließ sich bequem mit dem Pantographen regulieren. War der Pantograph mit seinem Abtast- und Zeichenstift in bestimmten Punkten auf der Zeichenebene verankert, ließen sich Vorlagen entweder vergrößern oder verkleinern. Wollte man Gegenstände auf die Bildebene projizieren, stellte man Pantograph und Zeichenebene senkrecht. Der Vorteil von Scheiners Perspektivmaschine lag in ihrer einfachen Herstellung sowie in ihrer Anwenderfreundlichkeit. Der Pantograph wurde in weiter entwickelter Form Ende des 18. Jahrhunderts noch einmal insbesondere als Porträtiermaschine für *Physionotracien eingesetzt, ansonsten ist er bis heute ein Arbeitsinstrument technischer Zeichner, Architekten und Archäologen geblieben.
Papyrographie [gr.-lat.: papyrus = Aus der Papierstaude gewonnenes Papier; gráphein = schreiben, zeichnen]
In der Wirkung ist die Papyrographie den *Lithophanien und den Wasserzeichen ähnlich. Die aus Papier hergestellten Bilder lassen sich nicht auf den ersten Blick, sondern erst gegen das Licht gehalten, erschließen. Stärke und Anzahl der aufeinander geklebten Papierschichten bestimmen das erst bei Durchleuchtung sichtbar werdende Bild.
Peep-egg [engl.: peep = verstohlen gucken; egg = Ei]
Variation des *Guckkastens im Miniaturformat.
Ein in viktorianischer Zeit sehr populäres optisches Spielzeug, das vorzugsweise als Andenken für Touristen gedacht war. Die eiförmigen, aus lichtdurchlässigem Alabaster gefertigten Objekte sind am oberen Ende mit einem Guckloch versehen, das mit einer bikonvexen *Linse verschlossen ist. Während manche Peep-eggs nur ein Bildmotiv aufweisen, gibt es andere mit bis zu drei Ansichten. Den Bildwechsel ermöglicht ein Drehmechanismus, der durch zwei an der Außenwand befindliche Knäufe betätigt wird. Die Tiefenwirkung ergibt sich einerseits durch die Linse, andererseits durch die Wölbung der kleinen, leicht nach hinten gebogenen Abbildungen im Innern der Peep-eggs, die auch kleine Steine oder Muscheln enthalten können, die man somit räumlich vergrößert betrachten kann.
Perforation [lat.: perforare = Durchbohrung]
Die zum Transportieren erforderliche Lochung am Rand eines Films.
Die Erfindung des *Zelluloidfilms und dessen Perforierung haben der Entwicklung der *Kinematographie Vorschub geleistet. Nach Aussagen von Laurie Dickson (1860-1935), dem Mitarbeiter von Thomas Alva Edison (1847-1931), soll es schon 1888 eine funktionstüchtige Kamera für kurze perforierte Filmstreifen, die über ein Maltheserkreuz schrittweise transportiert wurden, gegeben haben. Sie benutzten vermutlich knapp 2cm breite Filmbänder mit einseitiger Perforation von sechs runden Löchern pro Bild. Ein Sperrgetriebe, das auf eine Zahntrommel einwirkte, über die der perforierte Film geführt wurde, sorgte für den ruckweisen Transport des Filmbandes in Edisons ersten *Kinematographen. Für ein verbessertes Kameramodell von 1890 benutzte Edison ein 35mm breites Filmband, das sich aus der Halbierung des schon vorhandenen 70mm Kodak-Rollfilmmaterials für Photoapparate ergab. Die Filmstreifen wurden mit beidseitiger Perforation von vier Löchern pro Bild versehen. Die anfangs runde Lochung wurde zu einem späteren Zeitpunkt von der rechteckigen abgelöst, so daß Filmhistoriker anhand derForm der Lochungen, aber auch anhand ihrer Anordnung (ob vertikal am Rande der Bilder oder horizontal zwischen diesen) eine genaue Datierung eines Films vornehmen können.

Persistenz

[lat.: persistare = anhaltend]
Wahrnehmungsphysiologisches Phänomen, bei dem die Wahrnehmung länger andauert, als der Sinneseindruck währt.Siehe *Nachbild.
Persistenzrad Dieses in Verbindung mit einer kleinen Dampfmaschine verkaufte Spielzeug basiert auf dem Prinzip der Trägheit der Wahrnehmung und wurde eigens zu dessen Veranschaulichung konstruiert. Es besteht aus kleinen Blechscheiben, die mit Punkten in verschiedenen Farben versehen sind. Durch schnelles Drehen verschmelzen die Punkte zu sternförmig angeordneten Linien.
Perspektivkasten Eine Art *Guckkasten mit bemalten Innenseiten und Öffnungen in der Höhe der innen dargestellten Horizontlinie.
Eine besondere Spielart *anamorphotischer Gestaltung schlägt sich in diesen Kästen, die im Innern ein miniaturisiertes Interieur zeigen, nieder. In den Niederlanden erfreuten sie sich im 17. Jahrhundert großer Beliebtheit. Dem Betrachter eröffnen sich tiefenräumliche, detaillierte Darstellungen mit verblüffender illusionistischer Wirkung. Derartige Raumsimulationen wurden mittels perspektivischer Verzerrungen so gestaltet, daß ihre Dimensionen während der Betrachtung viel größer scheinen, als sie tatsächlich sind. Diese Tiefenwirkung resultiert auch aus der optischen Unterscheidung von Vorder- und Hintergrund, die eine Akkomodation des Auges erforderlich macht. Schon Leon Battista Alberti (1404-1472) soll ein vergleichbares Objekt besessen haben, doch die berühmtesten Perspektivkästen entstanden erst um 1660 und stammen von Samuel van Hoogstraaten (1627-1678), von dessen Schauobjekten heute nur noch fünf Exemplare zeugen. Interieurmalereien mit ihren schwarzweißen Marmorfußböden, ihren Durchblicken in angrenzende Räumlichkeiten und ihrer suggestiven Abwechslung zwischen dunklen und hellen Teilen erlangten in den 1660er Jahren bei den Malern der Delfter Schule große Popularität.
Perspektivtheater Eine besondere Form von Kulissenbildern für die Betrachtung in *Guckkästen
Der Schöpfer dieser Serien war der Kupferstecher Martin Engelbrecht (1684-1756) in Augsburg, dessen Name sich als Gattungsbezeichnung eingebürgert hat. Seine Perspektivtheaterserien bestehen aus jeweils sechs oder sieben Kupferstichen, die hintereinander gestaffelt in einen Holz- oder Pappkasten eingeschoben werden, der innen seitliche Rillen zur Befestigung der Kulissenbilder hat. Es gibt horizontale und vertikale Guckkästen. Bei den liegenden Kästen werden die Kulissen von oben eingeschoben; von dort fällt auch das Licht ein. Vorn an der Stirnwand ist eine *Linse eingebaut. Bei den stehenden Kästen werden die Bilder von hinten in den Kasten gelegt. Um den Blick durch die liegenden Kulissen zu führen, ist hinter der Linse ein *Spiegel mit 45°-Neigung eingebaut. Durch die Linse (und den Spiegel) und den Abstand von Kulisse zu Kulisse entsteht eine erstaunliche Tiefenwirkung.
Phantasmagorien [gr.: phantasma = Geistererscheinung; ageirein = versammeln]
Zauber, Truggebilde, Blendwerk. Darstellung von Scheinbildern durch optische Mittel.
Den Ausdruck Phantasmagorie prägte der Magier Paul Philidor (Paul de Philipsthal) 1792 für spektakuläre Unterhaltungsformen mittels optischer Tricks, die erstmals im Hôtel de Chartres in Paris präsentiert wurden. Philidor selbst führte viele sensationelle Effekte ein, etwa *Projektionen von Skeletten und Gespenstern im Zuschauerraum, Donner- und Blitzeinlagen, Effekte aus dem *Schattentheater, lebensgroße maskierte Personen, Rauch. Der belgische Schausteller Etienne-Gaspard Robertson (1763-1837) führte seine Phantasmagorie-Schau 1798 im Pavillion de l'Echiquier und später in einem Kapuziner Kloster in Paris vor und stattete sie mit neuen Elementen aus. Einerseits erweiterte er das Geisterrepertoire, andererseits führte er Neuerungen wie dreidimensionale *Projektionen, mechanisch operierende Figuren und Bilderscheiben und – die Technik der *Camera obscura adaptierend – die Projektion von lebenden Schauspielern ein. Die technische Grundlage der phantasmagorischen Vorstellungen war eine große, bewegliche *Laterna magica auf Rädern. Vor dem im Dunkeln sitzenden Publikum versteckt, konnte dieser Apparat zu der Leinwand hin und von ihr weg bewegt werden, um die perfekte Illusion von ankommenden oder fliehenden Luft-Phantomen zu schaffen. Der Effekt der auf Glas gemalten Bilder wurde dadurch gesteigert, daß die Motive in der schwarzen Fläche freigestellt waren und nur sie in der *Projektion sichtbar wurden. Ab 1800 etablierte sich die Phantasmagorienbühne auch in anderen europäischen Staaten und in den USA. Die Vorstellungen wurden zu routinierten 20- bis 30minütigen Projektionen reisender Magier oder dienten in Provinztheatern als Pauseneinlage – bis sie nach und nach von den ab 1820 aufkommenden *Dissolving views verdrängt wurden.
Phenakistiskop [gr.: phenakizein = durch falsche Vorspiegelungen täuschen; skopeô = schauen, sehen]
Auch Täuschungsseher genannt. Später auch als Lebensrad bezeichnet. In England als Fantaskop (nicht zu verwechseln mit Robertsons *Fantaskop) kommerzialisiert. Vorrichtung, mit der gezeichnete Phasenbilder in Form von Bewegungsbildern wahrgenommen werden können.
Entwickelt wurde das Phenakistiskop vom belgischen Professor für Anatomie und Physik in Gent Joseph Antoine Ferdinand Plateau (1801-1883). Es besteht aus einem Griff, auf dem eine Scheibe montiert ist, die sich drehen läßt. Am Rand der Scheibe sind eine Anzahl (z.B. 16) radial angeordneter Schlitze ausgespart. Während die dem Gesicht zugewandte Seite schwarz ist, alternieren auf der Hinterseite die Schlitze mit gezeichneten Bilderreihen. Um den beabsichtigten Effekt zu erzielen, muß man vor einem Spiegel die Scheibe in Rotation versetzen und durch die Schlitze in den Spiegel schauen, wodurch man die aufeinanderfolgenden Abbildungen als bewegtes Bild wahrnimmt. Plateau erfand dieses auf dem Prinzip der *Nachbildwirkung beruhende optische Gerät 1832. Simon Stampfer (1792-1864), Professor für praktische Geometrie in Wien, konstruierte zeitgleich ebenfalls Phenakistiskopscheiben. Er nannte sie *stroboskopische Scheiben. Eine spätere Abänderung der ursprünglichen Lebensrad-Konstruktion machte die Benutzung des Spiegels unnötig: Spalten und Phasenbilder befinden sich auf zwei voneinander getrennten, durch eine gemeinsame Achse verbundenen Scheiben. Durch die Spalten der einen Scheibe blickt man auf die Scheibe mit den Phasenbildern. Schon ab 1833 wurde das Lebensrad in London bei Ackermann als Fantascope, in Wien bei Trentsensky als Stroboskopische Wunderscheiben verkauft und erfreute sich mit anderen &Mac226;philosophical toys‘, wie man diese Spielzeuge, die wissenschaftliche Erkenntnisse (*Nachbildeffekt und stroboskopische Erscheinung) demonstrierten, großer Beliebtheit.
Phi-Phänomen Eine Art der Wahrnehmungstäuschung, die auch als stroboskopische Bewegung bezeichnet wird und auf dem Nachbildeffekt beruht.
Gemeint ist z.B. ein Aufleuchten zweier aufeinanderfolgender Lichter oder Bilder, die je nach Kontrast, Abstand und Zeitdifferenz als eine Bewegung gesehen werden. Nicht das getrennte Aufblitzen der Lichter wird bemerkt, sondern ein zwischen den beiden Lichtquellen wanderndes und damit diskontinuierliches Licht. Der Effekt ist dem bewegten Rauschen eines Fernsehbildschirms vergleichbar: Das Wahrnehmungssystem bringt die unregelmäßig auftretenden Lichtpunkte in einen Zusammenhang und setzt sie in Bewegung um. Wird der Rhythmus der beiden Lichtquellen so inszeniert, daß die Zeitspanne zwischen ihrem Ein- und Ausschalten zu groß ist, entsteht der übliche Eindruck von zwei an verschiedenen Orten aufleuchtenden Lichtern. Folgen die Schaltvorgänge hingegen kurz aufeinander, dann scheint sich der früher aufleuchtende Punkt in Richtung des später aufleuchtenden Punktes zu bewegen.
Phonograph [gr.: phono = Ton; graphein = schreiben, zeichnen]
Tonaufzeichnungsgerät.
Das 1877 von Thomas Alva Edison (1847-1931) erfundene Gerät besteht aus einer neun Zentimeter starken Metalltrommel mit einer Achse, um die ein dünnes Blatt Stanniol gelegt ist und die auf zwei Stützen ruht. Auf beiden Seiten befindet sich jeweils eine verstellbare Sprechmuschel mit Pergamentmembran und Stahlnadel. Wird nun direkt in den kleinen Trichter an der Membran gesprochen, während das Gerät mit einer Kurbel in Bewegung versetzt wird, die Walze wieder zurückgedreht und die zweite Membran an die Stelle der ersten versetzt wird, erfolgt die Wiedergabe der menschlichen Stimme, da die Eindrücke auf dem Zylinder bei rascher Rotation eine Wiederholung der Originalschwingungen verursachen. Auf Jahrmärkten und in Varietés sorgte Edisons Phonograph nur kurz für Aufregung, da man seinen eigentlichen Wert noch nicht erkannte. Erst 1888 entwickelte Edison seine Erfindung weiter. Die Paraffinpapier- oder Stanniolstreifen wurden durch Hohlzylinder aus präpariertem Wachs ersetzt. Um sie zu einem elektrischen Leitträger zu machen, wurde die Originalwalze mit zerstäubtem Gold überzogen und anschließend galvanisiert. Nun konnten eine Matrize angefertigt und Kopien aus Wachs hergestellt werden. An die Stelle der Handkurbeln traten Elektromotoren, die aber äußerst störanfällig waren. So entschloß sich Edison schon bald zur Verwendung von Federtriebwerken. Die Wachswalzen erwiesen sich für einen breiten Verkauf als ungeeignet. Schließlich entwickelte er einen leicht versendbaren Zylinder aus stearinsaurem Sodasalz. Der derart verbesserte und sich rasch verbreitende Phonograph arbeitete nach dem ursprünglichen Prinzip: Die in die Wachswalze eingeschnittene Rille markierte die hohen und tiefen, schwachen und lauten Töne durch tiefere oder flachere Gravierungen. Die Nadel bewegte sich auf und ab, tastete präzise die winzigen Berge und Täler ab und übersetzte ihren Code in hörbare Töne. Der endgültige Durchbruch des Phonographen kam mit der Weltausstellung in Paris 1889. Die hohe Nachfrage führte zur Gründung der Edison-Werke. Eine weitere Verbesserung des Sprechapparates bewirkte seine weltweite industrielle Produktion seit 1896, die erst mit dem Aufkommen der Schallplatte ein Ende fand.
Phosphorus Lichtträger.
Aus den Schriften von Aristoteles (384-322 v.Chr.) und Plinius d. Ä. (23-79) weiß man, daß die alten Griechen und Römer im Dunkeln leuchtende Körper kannten. Doch erst im 17. Jahrhundert wurden die künstlich phosphoreszierenden Körper entdeckt. Den Anfang machte 1602 der mit alchimistischen Experimenten befaßte Schuster Casciorolo aus Bologna, der das Leuchten des zwischen Kohle geglühten Schwerspates beobachtete. Christoph Adolph Balduin (1623-1682) aus Sachsen beschrieb 1674, daß durch Auflösen von Kreide in Salpetersäure Kalciumnitrat hergestellt werden konnte, das rasch Feuchtigkeit anzog. Die rückständige steinartige Masse nannte er Phosphorus–Leuchtstein, welcher die Eigenschaft besaß, Licht aufzusaugen und abzustrahlen. 1725 begann Johann Heinrich Schulze (1687-1744), der Entdecker der Lichtempfindlichkeit der Silbersalze, chemische Versuche zur Herstellung künstlicher Leuchtsteine (phosphoreszierender oder luminiszierender Körper) anzustellen. Er wollte den Leuchtstein von Balduin selbst herstellen und suchte dabei nach einem Leuchtstein, der Sonnenlicht aufnimmt und hernach leuchtend wird. Stattdessen entdeckte er eine Mischung, die von der Sonne &Mac226;verdunkelt‘ wurde. Deshalb nannte er das lichtempfindliche, silberhaltige Pulver einen &Mac226;Dunkelheitsträger‘ (lat. *Scotophorus). Denn er hatte im Gegenversuch festgestellt, daß reiner salpetersaurer Kalk für sich selbst nicht lichtempfindlich ist, sondern daß vielmehr die darin enthaltenen Silberteilchen diese Erscheinung erzeugen.
Photogrammetrie Auch Bildmeßkunst. Verfahren zum Konstruieren von Grund- und Aufrissen nach photographischen Bildern.
Aus Photographien, die als mathematische Perspektiven aufgefaßt werden, ermittelt man Grund- und Aufrisse von Bauobjekten bzw. Lage- und Höhenverhältnisse von Terrainpartien. Photogrammetrische Aufnahmen werden mit einem Phototheodoliten ausgeführt. Er besteht aus einem geodätischen Instrument, dem *Theodoliten und einer justierten Kamera, die zusammen gestatten, bei vertikaler und beliebig geneigter Lage der Bildebenen Aufnahmen zu machen. Als Vater des Verfahrens kann der französische Offizier Aimé Laussedat (1819-1907) bezeichnet werden. Seine erste Publikation über die Prinzipien der Photogrammetrie Memoire sur l’emploi de la chambre claire dans les reconnaissances topographiques erschien 1854. Nachdem er sich vom Mechaniker Brumer in Paris einen ersten photogrammetrischen Apparat bauen ließ, machte er 1861 vom Dach der Polytechnischen Schule sowie von der Kirche St. Sulpice Aufnahmen eines Teils von Paris und entwarf danach Pläne. Das französische Kriegsministerium griff die Methode auf und führte sie in mehreren Ländern ein. In Deutschland befaßte sich Albrecht Meydenbauer (1834-1921) mit der Anwendung der Photogrammetrie zur Denkmalspflege. Er stand dem eigens gegründeten Institut Preußische Meßbildanstalt vor, das er bis 1909 leitete.
Photographisches Gewehr Von Etienne-Jules Marey (1830-1904) entwickelte Kamera zur Aufnahme von Serienphotographien.
Der Physiologe und Arzt am Collège de France befaßte sich seit den 1860er Jahren mit der graphischen Methode zur Analyse von Bewegungsvorgängen. Durch die erfolgreiche Arbeit des Amerikaners Eadweard Muybridge (1830-1904), der mittels einer ganzen Batterie von Kameras zusammenhängende Momentaufnahmen sich bewegender Menschen und Tiere herstellte, wurde seine Aufmerksamkeit auf die *Serienphotographie gelenkt, in der er ein willkommenes Hilfsmittel für seine Forschungen erblickte. Bald ging er selbst an die Konstruktion geeigneter Apparate. Sein erstes, 1882 gebautes Modell, das &Mac226;photographische Gewehr‘ oder die &Mac226;photographische Flinte‘, entsprach im Prinzip dem &Mac226;photographischen Revolver‘ von Pierre Jules César Janssen (1824-1907), mit dem der Astronom 1874 den Vorübergang der Venus in einer Anzahl von Momenten auf der Platte festhielt. Mareys Kamera hatte die Größe und Gestalt eines Jagdgewehrs. In ihrem Lauf befand sich vorn das Objektiv, der rückwärtige Teil enthielt die lichtempfindliche Platte. Sie war hinter eine mit 12 Ausschnitten versehenen Scheibe gesetzt; diese wurde durch ein Uhrwerk in eine ruckweise Bewegung versetzt, und zwar derart, daß jeder der Ausschnitte eine kurze Zeit dem Objektiv gegenüber stehenblieb. Vor der Plattenscheibe rotierte mit gleichmäßiger Geschwindigkeit eine Verschlußscheibe, die das Objektiv jedesmal in dem Moment freigab, wenn die Platte stillstand. Mit diesem Apparat konnte Marey innerhalb von einer Sekunde zwölf Aufnahmen machen. Die Resultate verbesserte er in den Folgejahren durch neue Methoden zur Herstellung von *Chronophotographien.
Physionotrace Auch *Silhouettiermaschine genannt. Zeichenmaschine, die drei Techniken der Porträtdarstellung kombiniert: das Umrißzeichnen der *Silhouettenschneider, den *Pantograph zum Vergrößern und Verkleinern und das Kupferstechen.
Johann Caspar Lavater (1741-1801) baute 1776 einen aus Kerze, Stuhl und Leinwand bestehenden Silhouettenapparat. Saß eine Person in dem dunklen Raum zwischen der brennenden Kerze und der Leinwand, wurde ihr Schlagschatten so scharf konturiert auf die Leinwand geworfen, daß seine Kontur präzise nachgezeichnet werden konnte. Vermutlich inspirierte Lavaters Silhouettierstuhl den Franzosen Gilles-Louis Chrétien (1754-1811) - Musiker am königlichen Hof in Versailles, der sich 1788 in Paris niederließ – 1786 zur Erfindung eines Apparats, der die schnelle und preiswerte Produktion von Hunderten Porträtsilhouetten erlaubte. Im Gegensatz zur Silhouettiervorrichtung von Lavater, die noch die manuelle Nachzeichnung der Kontur erforderte, verlangte der Physionotrace weniger: Zunächst wurde das Profil eines Kopfes mit einer Visiereinrichtung angepeilt. Da Fadenkreuz und Grabstichel über einen sogenannten Storchschnabel miteinander verbunden waren, ließ sich der Umriß beliebig proportional verkleinern und in Kupfer stechen oder radieren. Hinter diesem technischen Prinzip ist ein Element einer bereits bekannten Perspektivmaschine erkennbar, der 1603 realisierte *Pantograph mit Visiereinrichtung von Christophorus Scheiner (1573-1650). Von 1786 an verbreitete sich der *Physionotrace zuerst nur in Frankreich, später auch in den USA und in England, bis er schließlich von der *Daguerreotypie verdrängt wurde.
Physionotracien Mit dem *Physionotrace gezeichnete Porträtdarstellungen.
Im Gegensatz zu den Silhouettenbildern wurden diese Porträtdarstellungen nicht nur durch die Umrißlinien, sondern auch durch die Binnenkonturlinien bestimmt. Die Herstellung dieser Kupferplatten dauerte nur wenige Minuten. Danach überarbeitete ein Porträtstecher das Linienbild, verlieh ihm Stofflichkeit, indem er Flächen füllte, Haare und Gewand einzeichnete und die harten Kontraste an den mechanisch erzeugten Konturlinien milderte. Der &Mac226;Porträtmaler‘ bzw. der Maschinenbediener hatte also keinen Einfluß mehr auf die naturgetreue Abbildung der Porträtkonturen. Die Bilder waren damit in ihren entscheidenden Teilen nicht mehr vom Stil des Künstlers beeinflußt. Mit ihrer Vervielfältigungsmöglichkeit kamen die Physionotracien der Photographie schon sehr nahe. Kleine preiswerte Physionotracien wurden auf Holz, als Medaillon und auf Elfenbein hergestellt.
Polarisation [gr.-lat.: polar = die Erdpole betreffend; gegensätzlich bei wesenhafter Zusammengehörigkeit]
Eine Eigenschaft des Lichts, die mit Hilfe doppelbrechender Kristalle wie z.B. Isländischem Kalkspat (*Icelandic spar) sichtbar gemacht werden kann. Sie unterscheidet zwischen den verschiedenen Wellenarten des Lichts und bezieht sich auf die Art der Bewegung in der Welle selbst, und zwar auf die Bewegung in dem Medium, durch das sie hindurchkommt.
Geht Licht durch einen Kristall, hängt seine Fortpflanzungsgeschwindigkeit von der Lage der Schwingungsrichtung zu den wichtigsten Richtungen der Kristallstruktur ab. Alle Schwingungen senkrecht zur Achse des Kristalls müssen gleichartig sein. Daher müssen sich alle Strahlen, in denen die Schwingungen senkrecht zur Achse erfolgen, gleich schnell fortpflanzen. Diese Strahlen nennt man ordentliche Strahlen. Alle anderen Strahlen haben eine hiervon abweichende Geschwindigkeit und bilden die außerordentlichen Strahlen. Im Kristall treten zwei Schwingungsarten auf, eine senkrecht zur Achse, die den ordentlichen Strahl bildet, und eine zweite, die den außerordentlichen Strahl bildet. Das Nicol-Prisma besteht aus einem Stück Kalkspat-Kristall, das in zwei Teile zerschnitten und mit Kanadabalsam wieder zusammengekittet wird. Die Geschwindigkeit des Lichts im Kanadabalsam ist größer als die des sogenannten ordentlichen Strahls im Kalkspat, sie ist aber kleiner als die des außerordentlichen Strahls. Im Kanadabalsam selbst haben beide Strahlen die gleiche Geschwindigkeit, da die Lichtgeschwindigkeit in einer Flüssigkeit durch die Polarisation nicht beeinflußt wird. Nur in Kristallen hängt die Geschwindigkeit von der Lage der Schwingungen zum Kristall ab. Im Nicolprisma trifft der ordentliche Strahl den Kanadabalsam so, daß er total reflektiert wird, während der außerordentliche Strahl als polarisiertes Licht aus dem Prisma austritt.
Polariskop [gr.-lat.: polar = die Erdpole betreffend; gegensätzlich bei wesenhafter Zusammengehörigkeit; skopeô = schauen, sehen]
Gerät zur Demonstration der Farberscheinungen von polarisiertem Licht.
Das Polariskop arbeitet mit zwei nacheinander angeordneten Nicol-Prismen: Die Lichtmenge, die nach Passieren des ersten aus dem zweiten Prisma austritt, hängt von der Lage beider Prismen zueinander ab. Sind sie gleich ausgerichtet, geht alles Licht aus dem ersten durch das zweite Prisma hindurch. Dreht man das zweite Prisma um 90°, absorbiert es das aus dem ersten Prisma kommende Licht vollständig, so daß kein Licht durch beide Prismen hindurchkommt. Das El-bow Polariskop dient der Projektion mit der Laterna Magica von Polarisationserscheinungen.
Polemoskop [gr.-franz.: polemo = Konflikt, Auseinandersetzungen; skopeô = schauen, sehen]
Kriegsfernrohr. Vorläufer des Periskops.
Spiegelinstrument, mit dessen Hilfe über eine winklige Vorrichtung der Feind beobachtet werden kann, ohne daß man selbst gesehen wird.
Der Blick durch das *Okular scheint geradlinig zu verlaufen, doch in Wirklichkeit wird er über winklig angeordnete Spiegel im Innern des Kastens um das Hindernis herum geleitet. Es ist gesichert, daß um 1700 ein Nürnberger Optiker unter den verschiedenen Modellen von Fernrohren auch Polemoskope im Angebot hatte. In seiner Verkaufsbroschüre hieß es: „für den Gebrauch in belagerten Festungen gedacht, damit man den Feind im Graben arbeiten sehen kann, ohne von ihm gesehen zu werden und Schaden zu nehmen."
Polymorphoskop [gr.: poly = in Zusammensetzungen auftretendes Bestimmungswort mit der Bedeutung mehr, viel; morphein = Gestalt annehmen; skopeô = schauen, sehen]
Vielgestaltseher. In Facetten geschliffene *Linse, die vor einem Bildmotiv dieses entsprechend der Anzahl ihrer Facetten vervielfältigt und ein neu zusammengesetztes Bild entstehen läßt, so wie sie auch bei der diotrischen Anamorphose verwendet wird. Beschrieben und abgebildet wurde diese schon 1638 bei Francois Niçeron "La Perspective Curieuse" und 1646 in Mario Bettini "Apiaria".
Polyorama lorgnette [gr.: poly = in Zusammensetzungen auftretendes Bestimmungswort mit der Bedeutung mehr, viel; franz.: lorgnette = Stielbrille]
Auch lorgnette pittoresque genannt. Verkleinerte Variante des *Polyorama panoptique. Konisches Betrachtungsgerät aus Blech für kleine runde, transparente, hintermalte und perforierte Bildscheiben.
Polyorama panoptique [gr.: poly = in Zusammensetzungen auftretendes Bestimmungswort mit der Bedeutung mehr, viel; Panoptikum = Sammlung von Sehenswürdigkeiten]
Miniaturdiorama. Holzkasten zum Betrachten *transparenter, hintermalter und perforierter Lithographien.
Das Gerät, dessen Name soviel wie &Mac226;die Vielfältigkeit der Welt betrachten‘ bedeutet, entstand Mitte des 19. Jahrhunderts in Frankreich und erfuhr als modernisierter *Guckkasten weite Verbreitung: In einem leicht handhabbaren Kästchen können *transparente Bilder durch eine *Linse betrachtet werden. Durch Öffnen und Schließen der Deck- und Rückklappe wird der Verwandlungseffekt hervorgerufen. Die *diaphanen Doppeleffektbilder sind kolorierte, rückseitig bemalte Lithographien, die teilweise durchlöchert sind (*Lochbilder). So können auch verborgene Nachtansichten bei Durchleuchtung sichtbar werden. Die Motive, vom *Diorama inspiriert, umfassen Veduten, Mondscheinszenen, Kircheninterieurs, Naturereignisse und Katastrophendarstellungen.
Pop-ups und Verwandlungsbilder [engl.: pop-up = plötzlich auftauchen]
Auch Surprise picture books genannt. Verwandlungsbilderbücher. Mechanisch bewegbare, zum Teil dreidimensionale Bücher zum Aufstellen, Auseinanderklappen, Drehen, Ziehen und Stecken.
Die Abbildungen sind so eingerichtet, daß sie durch bewegliche Teile verwandelbar werden. Sie finden ihre Vorläufer zum einen in Lehrbüchern über die geometrischen Körpern von Euklid, zum anderen in den astronomischen und anatomischen Lehrbüchern des 16. Jahrhunderts. Zur Darstellung der Astronomie wurden Drehscheiben verwandt, während frühe medizinische Bücher mit Schichtenbildern illustriert waren. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts fanden all diese Prinzipien Einzug in die beweglichen Kinderbücher. Populär wurden sie erst gegen Ende des Jahrhunderts. In Deutschland publizierte vor allem der Esslinger Verlag J. F. Schreiber viele erfolgreiche Spiel- und Verwandlungsbücher. Zahllose Auflagen erlebten die wunderbaren Spielbilderbücher des Münchner Künstlers Lothar Meggendorfer (1847-1925).
Portable diorama [engl.: portable = tragbar; gr.: dia = durch, horama = das Gesehene]
Miniaturdiorama. Tragbares Betrachtungsgerät, das, wie beim Dimmen, eine allmähliche, fein graduelle Farb- und Lichtstimmungsveränderung der Bilder erlaubt.
Unter den zahlreichen Nachfolgern des Pariser *Dioramas kamen auch diese Schaukästen auf den Markt, die erstmals 1826 vom Londoner Spielwarenhersteller John Heaviside Clark entwickelt wurden. Die anfangs noch etwas kostspielige Variante war von einer Herstellungsanleitung begleitet, die zur Nachahmung anregen sollte. George Tait aus Edinburgh entwickelte 1844 eine preisgünstige Variante.
Praxinoskop [gr.: praxis = tun, handeln; skopeô = schauen, sehen]
Auch Tätigkeitsseher genannt. Betrachtungsgerät, bei dem der Bildfluß durch einen zentrierten polygonalen Spiegelkranz optisch ausgeglichen wird.
Das 1877 vom französischen Professor für Naturwissenschaften Emile Reynaud (1844-1918) entwickelte Gerät ist eine Vervollkommnung der Hornerschen Wundertrommel, bei der die Schlitze wegfallen und die Bilder in Spiegeln betrachtet werden. Die Bilder befinden sich auf der Innenfläche einer drehbaren äußeren Trommel; im halben Abstand von der Trommelachse liegen die Spiegelflächen einer Säule. Ihre Anzahl entspricht den Bildern auf der äußeren Trommel. Man betrachtet das Spiegelbild etwas von oben über die Trommelkante. Die nächste Bewegungsphase tritt mit dem Gegenübertreten einer neuen Spiegelfläche ins Auge. Dazwischen geht die eine Stufe in die andere über. Eine Dunkelpause, die für das Flimmern verantwortlich ist, gibt es nicht. Die auf der zweiten, inneren Trommel angebrachten Planspiegel reflektieren intermittierend die in der äußeren Trommel fortlaufend kreisenden Bilder, die von einer darüberstehenden Kerze ausgeleuchtet werden. Reynaud verbesserte 1888 sein *Projektions-*Praxinoskop, das er schon mit Glasbildern zur Projektion ausstattete, zum Théâtre Optique, mit dem er seine "Pantomimes Lumineuses" öffentlich vorführte. Eine *Laterna Magica projiziert als stehendes Proszenium z.B. eine auf eine Glasplatte gemalte Landschaft, und eine andere projiziert transparente Bildstreifen mit sich bewegenden Figuren oder Aktionen in dieses Proszenium hinein. Die auf Folienband gemalten Bilder sind gelocht und laufen über rotierende Trommeln, so daß jedes Bild gegenüber dem mittig installierten polygonalen Spiegelkranz angeordnet ist. Zum Abspielen und Aufrollen der Bildbänder werden Spulen eingesetzt, so daß die Sequenzen nicht länger auf kurze zyklische Bewegungen begrenzt sind. Ab 1892 wurden diese ersten animierten Sequenzen auf langen transparenten Bildbändern öffentlich gegen Eintritt aufgeführt. Dabei blieb der gesamte Apparat hinter einer lichtdurchlässigen Projektionsfläche vor den Zuschauern verborgen. Reynaud gestaltete 12- bis 15minütige, mit Musik untermalte Vorführungen wie 'Pauvre Pierrot', 'Clown et ses chiens' und 'Un bon boc', die großen Erfolg hatten. Er zeigte die anfangs gezeichneten, später auch photographisch erzeugten &Mac226;Pantomimes Lumineuses‘, Zeichentrickfilme im Musée Grévin in Paris.
Prisma Körper aus lichtdurchlässigem und lichtbrechendem Stoff, der von mindestens zwei sich schneidenden Ebenen begrenzt ist. Infolge von Brechung und Dispersion zerlegt das Prisma ein Lichtbündel in sein Spektrum, wenn Ein- und Austrittsfläche einen Brechungswinkel miteinander bilden.
Angeregt durch die Veröffentlichung des deutschen Astronoms Johannes Kepler (1571-1630) über die *Optik (Dioptrice, 1611) und möglicherweise auch durch René Descartes (1596-1650) La Dioptrique begann 1666 der englische Physiker und Mathematiker Sir Isaac Newton (1643-1727) Experimente mit einem Prisma. Zunächst ließ Newton in einem verdunkelten Zimmer durch ein Loch im Fensterladen Licht durch ein Prisma fallen, um die dabei auftretenden Farberscheinungen zu untersuchen. Diesen Strahl lenkte er durch ein dreieckiges Glasprisma auf einen Schirm. Drei Phänomene traten auf: Zum einen war der Lichtfleck auf dem Schirm nicht mehr weiß, sondern wies alle Farben des Regenbogens auf. Zudem bewegte sich der Lichtfleck zu einer anderen Stelle, sobald Newton das Prisma in den Strahlengang schob. Schließlich hatte der Lichtfleck nicht mehr die ursprüngliche Form, sondern es entstand ein farbiges Band. Newton folgerte, daß die einzelnen Arten von Licht beim Durchgang durch das Prisma verschieden stark gebrochen werden, am wenigsten der rote Lichtanteil, am stärksten der violette. Und alle Versuche ergaben dieselben sieben Grundfarben. Hinter das erste Prisma hielt Newton in einem weiteren Versuch noch ein zweites in den Strahlengang, allerdings in umgekehrter Stellung. Damit bewies er, daß weißes Licht lediglich eine Kombination der Spektralfarben darstellt.
Projektion Wiedergabe eines Bildes auf einer Projektionsfläche mit Hilfe eines Bildwerfers.
Dabei wird ein Objekt von einer Lichtquelle beleuchtet, dessen Abbild, durch ein lichtbrechendes Medium hervorgerufen, auf einer Fläche erscheint. Das Prinzip der Projektion beschrieb schon Leonardo da Vinci (1452-1519) in seinen Manuskripten über die *Camera obscura. Demnach zeichnete sich die Erscheinung eines sonnenbeleuchteten Gegenstands auf einem dünnen Papierschirm derart ab, daß er auch von der Rückseite des Schirms her betrachtet werden konnte. Auch Versuche, mittels Sonnenlicht und Hohlspiegel optische Erscheinungen wie die *Spiegelschreibkunst hervorzubringen, zählen zu den Anfängen der Projektionskunst, die erstmals von Giovanni Battista della Porta (1535-1615), Daniel Schwenter (1585-1636) oder Athanasius Kircher (1602-1680) erörtert wurden. Diese technisch noch &Mac226;einfachen‘ Projektionen legten den Grundstein für die Verwirklichung der *Laterna magica, einer Frühform des heutigen Dia-Projektors. 1659 zeichnete Christian Huygens (1629-1695) eine *Laterna Magica. Der Däne Thomas Walgenstein (1627-1681) machte die Laterna Magica durch Vorführungen bekannt. 1653 soll Andreas Tacquet (1612-1660) den ersten Lichtbildvortrag mit auswechselbaren, handbemalten Glasbildern gehalten haben. Um 1750 erläuterte Leonhard Euler (1707-1783) als Erster &Mac226;episkopische‘ Projektoren für undurchsichtige Bildvorlagen und Gegenstände. Auch das *Schattenspieltheater steht in der Tradition der Projektionskunst, das sich in Europa - erstmals im 17. Jahrhundert in Italien nachgewiesen - weitgehend auf die schwarzweiße *Silhouettenprojektion beschränkte (ausgenommen das griechische Schattentheater) und insbesondere mit der *Laterna magica gezeigt wurde. Mit der Verbreitung der Laterna-magica entwickelten sich auch Projektionen auf Nebel- und Rauchschwaden. Um 1710 entwarfen Heinrich Ehrenberger (1681-1759) und Musschenbroek die ersten mechanisch beweglichen Laternenbilder. Zur Simulation von Bewegung auf der Leinwand bestanden die Bilder im einfachsten Fall aus zwei bemalten Gläsern, die, gegeneinander verschiebbar, in einem Holzrahmen steckten. Eine neue, intensive Beleuchtungsvariante für die Laterna magica war 1822 mit der Entdeckung des *Kalklichts durch Goldworthy Gurney (1793-1875) gegeben. Verschiedene Motive konnten übereinander geblendet projiziert werden. Das *Scioptikon, der Vorläufer des heutigen Diaprojektors, setzte ab 1870 mit der Fixierung photographischer Bilder auf Glasplatten die Tradition der Laterna-magica-Projektionen fort. Mit um 1910 populären, einfachen Blechlaternen konnten neben Laternenbildern auf Glasplatten auch kurze gezeichnete, meist im Steindruck hergestellte Animationsfilmszenen vorgeführt werden. Schließlich werden bei dem Kinoprojektor Sequenzen photographischer Bilder mechanisch weiterbewegt. Nacheinander wird jedes einzelne Bild projiziert, wobei der Filmstreifen einen kurzen Moment stillsteht. Dieser schrittweise Filmtransport bleibt für den Betrachter unsichtbar.
Projektionsuhr *Laterna magica mit eingebauter Uhr zur Projektion der Uhrzeit an die Wand.
Johann Joachim Becher wies in Närrische Weisheit und weise Narrheit darauf hin, daß schon 1676 in Augsburg solche Apparate gebaut wurden. Eine erste ausführliche Beschreibung einer Zauberlaterne, die „die Stunden an der Wand" zeigt, findet sich im Buch Collegium experimentale sive curiosum , Teil 2 (1685) von Johann Christoph Sturm, in dem die wichtigsten physikalischen Erfindungen der letzten Jahre vorgestellt werden. Ihm kann man das Konstruktionsprinzip entnehmen: Auf eine erste Glasscheibe werden die Zahlen gemalt. Man faßt sie seitenverkehrt und kopfstehend in eine zweite Scheibe ein. Diese trägt die Zeiger, ist in der Mitte geschwärzt und im Außenbereich durchsichtig. Dadurch kommt die Scheibe beim Durchscheinen des Lichts zur Deckung mit dem Zahlenkranz der ersten Scheibe. Ein ineinander verzahntes System ermöglicht das Rotieren des Ziffern- und Zeigerblattes, die in das Gehäuse der *Laterna magica eingebaut sind. Unterschiedliche Beispiele von Projektionsuhren illustriert auch Johann Zahns 1686 erschienenes Werk Oculus artificialis.
Projektor Lichtbildwerfer. Gerät zur optisch vergrößerten Wiedergabe von Projektionsvorlagen auf einer Bildwand.
Um durchsichtige Stehbilder, Diapositive, wiederzugeben, werden Diaprojektoren verwendet. Undurchsichtige Stehbilder hingegen werden mit Hilfe des *Episkops reflektiert und projiziert. Bildwerfer für beide Bildarten heißen *Epidiaskope. Sonderformen sind etwa Tageslichtprojektoren (Overhead-, Schreib-, Zeichen-, Arbeitsprojektor), Mikrofilmlesegeräte, Stereoprojektoren (Raumbildwerfer), Röntgenprojektoren zur Projektion von Röntgenaufnahmen, Mikroprojektoren zur Wiedergabe mikroskopischer Präparate. Große Bildlichtwerfer für Kinofilme enthalten zusätzlich Vorrichtungen zum Filmtransport und ein Tonlaufwerk zur optischen Abtastung der Tonspur.
Protean Views [engl.: protean = vielseitig; view = Sicht]
*Transparentbilder zum Betrachten ohne Apparatur. Neben den Protean Views finden sich auch die Serien der Transparencies oder Transformations.
Die Popularität des Dioramas, das Transparentbilder mit einer wohldurchdachten und gezielt eingesetzten Lichtregie verband, trug dazu bei, daß ähnliche Effekte in miniaturisierten Formaten nachgeahmt wurden. In den 1830er Jahren hatten sich in London William Spooner und William Morgan auf transparente Verwandlungsbilder spezialisiert. Allein beim Halten gegen das Licht wird den beidseitig bemalten Bildern mit Durchscheineffekt das vollständige Motiv entlockt. Während die eine Seite das Hauptsujet trägt, ist die Hinterseite mit weiteren Motiven oder ergänzenden Details versehen. Durch den Wechsel des Lichts wird eine Verwandlung hervorgerufen. Die Blätter tragen erläuternde Beschriftungen. Eine von Morgan herausgegebene &Mac226;vielseitige Ansicht‘ vom 12. Oktober 1838 stellt den Mont Blanc dar. Er kann auf den ersten Blick als Tagesansicht wahrgenommen werden; gegen das Licht gehalten, sieht man, wie die Sonne untergeht und ihr Platz vom aufsteigenden Mond eingenommen wird, allmählich erscheinen die aufleuchtenden Lichter im Ort.
Pyramiden-Anamorphosen Variante katoptrischer *Anamorphosen, deren Abbilder mit Hilfe spezieller Spiegel – hier mit Hilfe eines Pyramidenspiegels – entzerrt wahrgenommen werden können.
Blickt man senkrecht von oben auf den Pyramidenspiegel, reflektieren die aneinandergrenzenden Spiegelflächen die separaten, nicht zusammenhängenden Teile einer anamorphotischen Vorlage derart, daß sie zu einem vollständigen Motiv verschmelzen. Das Verblüffende liegt in der versteckten Anordnung der Bildteile. Denn sind die Pyramidenanamorphosen gut ausgeführt, sind die zu spiegelnden Bildteile ohne dazugehörigen *Spiegel nur schwer oder gar nicht identifizierbar und das Geheimnis der Vorlage bleibt gewahrt. So zeigt eine 1649 von Jean DuBreuil in La Perspective pratique veröffentlichte Zeichnung vier Gesichter an den jeweiligen Bildrändern sowie die Standfläche für den Pyramidenspiegel im Zentrum. Aus Partien der vier Gesichter wird im Pyramidenspiegel ein neues, überraschendes Porträt zusammengesetzt. 1771 legte L'Abbé *Nollet (1700-1770) eine genaue Anleitung zur Konstruktion von Pyramidenanamorphosen in Die Kunst physikalische Versuche anzustellen nieder. Weitere Beispiele für besonders gelungene und unauffällige Kompositionen mit Bildteilen, die sich im Pyramidenspiegel zu einem neuen Motiv zusammensetzen, sind die vier ca. 1780 entstandenen Pyramidenanamorphosen von Christoph Caspar Höschel mit dem Titel Optische Bilderbelustigung (Germanisches Nationalmuseum zu Nürnberg).